Liesl Karlstadt : Ein Leben by Gunna Wendt
Autor:Gunna Wendt [Wendt, Gunna]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Biographie, Exportable
ISBN: 9783641251932
Herausgeber: btb
veröffentlicht: 2019-08-13T11:52:17+00:00
ZWISCHENSPIEL
Die Silhouette
ICH bin ein Mensch, der allem Liebesklamauk, wie Eifersucht, bocken, Liebesschwüren u.s.w. ⦠nicht verträgt, weder bei der Frau, noch bei einer Freundin. Ich bin als Vorstadtpflanze aufgewachsen und als Gentleman den Frauen gegenüber in hinterster Reihe gestanden. Ich habe auch nie Bildung mit dem Löffel gegessen, nur mit der Messerspitze. Ich bin kein direkter Rüpel, aber die Brennessel unter den Liebesblumen.
Motto: Was ein Häkchen werden will, krümmt sich bei Zeiten, natürlich habe ich mich auch sofort gekrümmt, bis heute und jetzt bin ich ein alter Haken, der sich unmöglich noch grad biegen läÃt.
Und mutlos, wie eine Memme bin ich oft dem Blick oder einem Wort einer schönen Frau feige von dannen geflüchtet.
Karl Valentin, »Notizzettel«
Unterdessen schminkte in seiner Garderobe der Komiker Balthasar Hierl sich ab. Mit Vaseline entfernte er das klägliche Weià von seiner Nase, das giftige Rot von seinen Backen, mürrisch auf einem plumpen Holzschemel hockend. Leise dabei schimpfte er vor sich hin, das Bier sei nicht warm genug; denn er litt am Magen und durfte sein Bier nur gewärmt trinken. Seine Gefährtin, die den Feuerwehrhauptmann gespielt hatte, ein resolutes Frauenzimmer, noch in der Uniform des Feuerwehrmannes, redete beschwichtigend auf ihn ein; er war schwierig, immer erfüllt von Depressionen. Sie erklärte ihm, das Bier habe genau die vorgeschriebene Temperatur. Aber er murrte nur unzugänglich vor sich hin über die Weibsbilder, die damischen, die immer das letzte Wort haben müÃten. Man hatte ihm natürlich gesagt, was für prominentes Publikum er heute gehabt hatte, und er, bei aller gespielten Verschlafenheit, hatte aufmerksam jede Wirkung beobachtet, wütend, wenn der winzigste Teil einer Pointe unter den Tisch fiel. Jetzt schimpfte er auf die Hammel, die sich an ihm ergötzt hatten. Er hatte nichts davon. Glaubte man etwa, daà ihm seine SpäÃe Spaà machten? Einen Schmarren. Er war erfüllt von seiner Vaterstadt München; er sehnte sich nach einer Komödie, in der er sich, die Stadt München und die Welt hätte ausdrücken können. Aber das verstanden sie nicht, die Zwetschgenschädel, die blöden. Das lieÃen sie nicht zu.
Knurrig, mit gelangweiltem, hohlwangigem Kopf, ausgemergelt, in schlotterigen, langen Unterhosen stand er da, kläglich, trank, blinzelte seine Gefährtin an, schimpfte leise vor sich hin. Endlich, er war trotz guter Einnahmen geizig und scheute den Luxus einer Mietdroschke, lieà er sich von ihr zu einem StraÃenbahnwagen ziehen. Auf der Plattform drängte er sich an sie, voll Angst vor der Berührung der fremden Leute.
Lion Feuchtwanger, »Erfolg«
Dieser Hunger, der sich nicht stillte, machte sie für ihn so brauchbar. Ihr konnte man was auftun, die hielt es schon aus, die hatte sich jetzt schon verbissen. Was wollte der Mann mehr? Sie störte ihn nicht in der Empfängnis seiner Gedanken, sie schnitt ihm den keimenden Einfall nicht ab. Das war die Voraussetzung, es war nicht mehr wie ein Anfang. In seinem Suchen und Werden suchte sie mit, war der gewünschte Fänger für seinen Ball. Er arbeitete nicht ohne Fänger. Die Bälle kamen von ihr nur zurück, sie brauchte sich nichts einzubilden darauf. An ihm war es zu geben. Sie machte sich besser nichts vor, ohne ihn war sie gar nichts.
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